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Von Greifen, Hauen und Stechen Teil 2: Griffe zum Hauen im Langen Schwert


Der letzte Artikel in der Reihe "Von Greifen, Hauen und Stechen" widmete sich einer grundlegenden Struktur der Griffvarianten im Fechten. Diese wurden an der Grundlagenwaffe der Fechtkunst, der einhändigen Klingenwaffe, aufgezeigt und strukturiert. Der folgende Artikel baut auf dem letztgenannten und dem Artikel zum Haudiagramm auf. Die vorgestellten didaktischen Strukturen dienen dem zielgerichteten erschließen des Themenkomplexes Griffvarianten, dem natürlich in der Praxis viele weitere Rahmenbedingungen zuzuordnen sind. Ich widme mich nun dem Langen Schwert und den Gemeinsamkeiten und Unterschieden der Griffvarianten zu Einhandwaffen. Auch hier werden die Griffvarianten zuerst nach Hau und Stich unterschieden und zusätzlich müssen die Fechtweisen nach Zivilwaffen und Kriegswaffen unterschieden werden.

"Langes Schwert" bezeichnet ein Schwert, das zweihändig gegriffen werden kann. Das Fechten im Langen Schwert bezeichnet die Fechtweise mit zwei Händen. Ich sage dies, weil man natürlich auch viele Lange Schwerter einhändig führen kann und ebenso einige einhändige Waffen zweihändig führen kann. Wenngleich die Waffe vorgibt, was möglich ist, so liegt doch die Fechtweise zuerst am Willen des Kämpfers, eine der beiden zu wählen. Das Lange Schwert ist eine Besonderheit auf dem Zeitstrahl der "Blankwaffengeschichte". Denn es lässt sich vorwiegend vom ausgehenden 13. bis zum ausgehenden 16. Jahrhundert im Gebrauch nachweisen. Was nicht bedeutet, dass es nicht auch zu anderen Zeiten zweihändig geführte Klingenwaffen gab. Doch in diesem Zeitraum war die Blütezeit dieser Waffen.

1) Die Griffe zum Hauen

Einhändig geführte Klingenwaffen werden mit der starken Hand bzw. der starken Körperseite geführt, sodass die Drehbewegung der Waffe, die ihr den korrekten Impuls für das Hauen gibt, maßgeblich durch die passende Koordination des letzten Gelenkes in der Gelenkkette und der letzten Muskelgruppe in der Muskelkette der Haubewegung, dem Handgelenk bewirkt wird. Die verschiedenen Hauvarianten in den verschiedenen Abständen zum Gegner erfordern dabei eine unterschiedliche zeitliche und kraftmäßige Koordination. Die folgende Grafik soll dies nochmal sehr vereinfacht aufzeigen. Sie zeigt auch, wo sich der tatsächliche Rotationspunkt in der Waffe befindet, woraus sich wiederum Details der Griffhaltungen ergeben (unten am Beispiel eines Oberhaus).


Die Kraft der Rotationsbewegung wird zum Großteil aus dem Zug der letzten drei Finger und nicht aus dem Druck der Hand generiert. Bitte nicht vergessen, dass die hier beschriebene Rotationsbewegung in der Hand nur ein Teil der gesamten Bewegungskette bei langen Häuen im Zufechten aus weitem Abstand ist. Diese Mechanik der Finger wird leider oft falsch ausgenutzt, indem einige Fechter dazu neigen, die letzten drei Finger vor dem Hau zu öffnen, wobei sie die Kontrolle über die Waffe verlieren und dem Gegner ein Angriffsmoment schaffen. Folgender Griffe, die ich bei Ausholbewegungen oft sehe, sind aus meiner Sicht daher sehr unzweckmäßig:

Beim Langen Schwert ist es jedoch nicht die rechte Hand, welche diese Rotationsbewegung maßgeblich bewirkt. Sondern vielmehr die linke Hand, welche auch näher am Rotationspunkt des Schwertes liegt. Wenngleich es leichte Unterschiede der Kraftverteilung zwischen rechter und linker Hand bei rechten und linken Häuen gibt, so sollen vorerst einige Griffe des geraden Oberhaus(Scheitelhau) und des Zornhaus auf der starken Seite eines Rechtshänders exemplarische Grundlage dieser Betrachtung sein. Die Grundlegende Griffhaltung ist auch hier der Einhandwaffe entnommen und ist auf beide Hände zu beziehen (siehe Blogartikel Einhandwaffen). Jede Hand fasst demnach den Griff auf diese Weise, sodass die letzten drei Finge (Mittelfinger, Ringfinger und kleiner Finger) den Griff fest umfassen und Daumen und Zeigefinger sehr locker am Griff sitzen. Grundsätzlich sollten die Hände für Häue im Zufechten (also aus maximaler Reichweite und mit der Kraft des ganzen Leibes) so eng bei einander stehen, das der Rechte Zeigefinger noch etwa einen Finger breit vom Gehilz entfernt ist und der kleiner Finger und der aufsitzende Daumenmuskel der Handinnenfläche kurz vor dem Knauf sind. Je enger die Hände stehen, desto mehr Impuls kann der Hau übertragen. Wichtig ist hierbei jedoch, dass die linke Hand die Kraft generiert und somit fester sitzt als die rechte Hand. Der Zug der linken Hand generiert die Rotation, während die rechte Hand in Verbindung mit der Armstreckung des rechten Armes durch Druck und Lockerheit zugleich die Streckung und Reichweite des Haus bestimmt. Zusätzlich drückt sie beim Zornhau die seitliche Energie der Körperdrehung in den Hau. Für die optimale Kraftübertragung aus dem Körper, über die Arme, in die Hände ist ebenfalls die Griffhaltung verantwortlich. Die folgende Grafik zeigt einen korrekten Griff mit zwei Händen in seitlicher Ansicht.


Lassen wir in diesem Artikel die übrige Körpermechanik vorerst weg und konzentrieren uns auf die Kraftübertragung durch und über die Hände und Finger, dann ließe sich die Koordination für einen Oberhau auf folgende vereinfachte Weise darstellen.


Die Linke Hand bildet den Halte- und Rotationspunkt. Als Übung dazu kann man mit einem leichten Schwert oder einer Stange in Länge eines Langen Schwertes einfach versuchen einen ganzen Scheitelhau NUR mit der Linken Hand zu hauen und nach mehreren Versuchen die rechte Hand locker zur Unterstützung hinzunehmen. Durch diese Haltung könnt ihr lockere und trotzdem kräftige Häue schlagen, wenn ihr den restlichen Körper dazu nehmt. Je enger die Hände zusammen gehalten werden, umso kräftiger kann gehauen werden. Hier noch einige Grafiken, die helfen den eigenen Griff zu kontrollieren bzw. zu verbessern.

Wir sind hier bei Hauvarianten aus der "Weite" mit langen Bewegungen. Für verschiedene Distanzen gibt es zusätzlich verschiedene Hauvarianten bis hin zu Handarbeit. Zur Erinnerung folgende Grafik aus dem letzten Beitrag.


In diesem Bild sind die verschiedenen Armhaltungen (ohne Beinarbeit) für verschiedene Abstände und Geschwindigkeiten dargestellt und lassen sich vereinfacht auch auf das Lange Schwert beziehen. Gerade beim Langen Schwert verändern sich die Griffweisen für verschiedene Arbeitsweisen sehr, da beide Hände koordiniert werden müssen. Während die linke Hand beim Hauen aus großen Abständen die "hauende Hand" ist, so wird sie mit Abnehmenden Abstand zum Gegner immer mehr zur Hebelhand, bis sie schließlich in der Handarbeit den Knauf greift, um optimale Hebel herzustellen, wie etwa beim Winden. Die Bedeutung der linken Hand ist beim langen Schwert enorm und oft weitaus größer als die der rechten Hand. Für diese Griffweise bei weiten Ober- und Zornhäuen, bei denen der Knauf frei gelassen wird, lassen sich unzählige Bildbeweise finden. Daher eine kleine Bildgalerie dazu.

Nicht zu vergessen hist hier natürlich auch eine Textstelle aus der Handschrift HS 3227a des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg (GNM) von ca. 1389: " Auch wisse das eyn guter fechter sal vör allen sachen syn swert gewisse vnd sicher füren vnd fassen / mit beiden henden / czwische~ gehilcze vnd klos / wen alzo helt her das sw°t vil sicher / den das hers bey dem klosse vasset mit eyn° hant / vnd slet auch vil harter vnd sürer / alzo / wen der klos öberwirft sich vnd swenkt sich noch de~ slage das der slag vil harter / dar ku~pt / den das her das swert mit dem klosse vasset / wen alzo / czöge her den slag / mt dem klosse weder / das her nicht zo voelkömlich vnd zo stark möchte dar kome~ / Wen das swert ist recht zam eyn woge / den ist ey~ sw°t gros vnd swer / zo mus der klos auch dornoch swer syn / recht zam noch eyn° wogen." (fol. 15r. f.)

Ansonsten gelten die gleichen Hinweise wie im letzte Artikel. So sollte etwa der Daumen beim Hauen nicht oben auf das Gehilz gelegt werden, da er sonst bei starken Erschütterungen in Mitleidenschaft gezogen wird. Zusätzlich wird die freie Bewegung/Rotation der Waffe dadurch gestört. Denn diese eher für das Hauen in leichten Zivil- und/oder Sportwaffen typische Griffweise kann in einem Ernstkampf das Handicap sein, welches zur Niederlage führt. Dieser Griff ist eher für Griffhaltungen zum Stechen typisch. Diese kurze Einweisung in eine der wichtigsten Griffweisen soll zum Thema Hauen im Langen Schwert zumindest für diesen Artikel genügen. Für Unterhäue ändert sich das Kräfteverhältnis der Hände z.B. auch wieder. Sodass diese beim Langen Schwert gesondert behandelt und anders Unterrichtet werden müssen.

Beachte! Für das Training von Häuen aus verschiedenen Gelenken (Schulter, Ellenbogen, Handgelenk) solltet ihr immer zuerst mit kleinen Gewichten anfangen und euch dann steigern, sodass ihr nach und nach eure Muskulatur, Bänder und Knochen daran gewöhnt (denkt dran Muskeln dauern Wochen, Sehnen Monate und Knochen gar Jahre, ums ich anzupassen). Auch in Europa wurde dafür mit Keulen oder ähnlichen Gegenständen trainiert. Wir kennen das aus den Turn- & Fechtbüchern des 19. Jahrhunderts. Aber auch im 16. Jahrhundert werden sowohl das getrennte Training der genannten drei Gelenke sowie der Gebrauch von Keulen bereits erwähnt. Hier z.B. Auszüge aus "His True Arte of Defence", einer englischen Version von Giacomo di Grassi's "Ragione di adoprar sicuramente l'Arme" (1570) aus dem Jahr 1594:

" To strike edgewise, it is required that a man accustom himself to strike edgewise as well right as reversed with some cudgel or other thing apt for the purpose, First practicing to fetch the compass of the shoulder, which is the strongest, and yet the slowest edgeblow that may be given: Next and presently after, the compass of the elbow, then that of the wrist [...] "

"But yet after he has sometime travailed with a light weapon, then it is necessary according as he feels himself to increase in strength of arm, that he take another in hand, that is something heavier, and such a one as will put him to a little more pain, but yet not so much, that his swiftness in motion be hindered thereby." "Moreover, it shall not be amiss, after he has learned to strike, (to the end to strengthen his arms) if he cause another to force at him, either with a cudgel, or some other heavy thing, both edgeblows and thrusts[...]"

Mehr zu Griffen im Langen Schwert folgt....

PS: Die Grafiken und Inhalte sind Vorarbeiten für mein Lehrbuch. Daher bitte ich euch zu entschuldigen, dass manche Texte unlesbar gemacht wurden. Ich danke für euer Verständnis.

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