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Waffenhandel im Mittelalter Auszug aus einer Arbeit von 2010


Hinweise zu Produktion und Handel von Klingen und Rüstungen im Mittelalter

Produktions-und Handelszentren von Schwertern

Die Verhüttung von Metall fand im Mittelalter fast in jeder Ortschaft statt. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass in der Nähe jeder Befestigungsanlage, wo es möglich war, Verhüttungsbetriebe aufgebaut wurden. Das dort auch Waffen produziert wurden ist wohl kaum zu bezweifeln, jedoch nicht in dem Umfang, dass man diese kleinen, oft gräflichen Stätten unter die bei dieser Arbeit zu berücksichtigenden Zentren des Handwerks der Schwertschmiede zählen kann. Vielmehr dienten sie der Versorgung Beispielsweise der Burgbewohner.

Die wahren Zentren der hochwertigsten Schwerter Europas haben sich schon vor dem hohen Mittelalter herausgebildet. Die bedeutendsten unter ihnen waren Toledo, Damaskus, Brescia und Solingen bzw. Köln.

Im neunten und zehnten Jahrhundert waren es Klingen aus dem Fränkischen Reich die einen solch guten Ruf besaßen, dass sogar feindlich gesinnte Völker wie die Sarazenen sie begehrten. Laible nennt in diesem Zusammenhang ein Edikt Kaiser Karl des Großen, welches zur Rüstungskontrolle bestimmt war.[1] Das wichtigste Zentrum im fränkischen Reich soll das Bergische Land gewesen sein, wo später die Stadt Solingen wegen ihrer Schmiedekunst aufsteigen sollte. Aus dieser Zeit der hochqualitativen fränkischen Schwerter haben Archäologen mehrere Funde von Schwertern gemacht, welche auf ihrer Hohlkehle den Namen Ulfberhrt in Majuskeln aus Eisen oder Damaszenerstahl aufgeschweißt zeigen. Die ersten bekannten Schwerter dieser Marke stammen aus dem 9. Jahrhundert.[2] Sie weisen beeindruckende Unterschiede in Qualität und chemischer Zusammensetzung ihrer Klingen auf. Während alle hochwertigen Klingen auf dem europäischen Kontinent, bzw. archäologische Funde aus dieser Zeit, aus einem Eisenkern und scharfen, angeschweißten Stahlkanten bestanden, so sind die Ulfberht-Klingen aus einem reinen Stück Stahl gefertigt und weisen höchste Qualität auf.[3]Es muss also eine technologische Neuerung stattgefunden haben, die es ermöglichte hochwertigen Carbonstahl zu gewinnen. Da der Stahl meist in

Rennöfen gewonnen wurde, hatte er einen großen Anteil von Verunreinigungen, welche die Qualität minderten und durch Damszierung zu besserer Güte veredelt wurden. Bei den Ulfberht-Klingen müssen bereits Tiegelschmelzen bekannt gewesen sein.[4] Diese haben die Qualität des Stahls weiter erhöht. Herr von Reitzenstein verweist die Schwerter lediglich auf den deutschen Sprachraum, während Laible neuere Meinungen nennt, die auf eine Beheimatung Ulfberhts im Bergischen Land verweisen.[5] In jedem Fall stellen diese Klingen einzigartige Beweise für die begehrten fränkischen Klingen, sowie für Produktion und Handel von Schwertern im frühen Mittelalters dar.

Doch auch über das gesamte Mittelalter hinweg, nun im Heiligen Römischen Reich gelegenen, hält die Bedeutung des Bergischen Landes an. Von Reitzensein verweist auf das Schwertschmiedehandwerk in Köln, das für das 12. Jahrhundert anhand einer Textstelle im Straßburger Stadtrecht nachzuweisen sei.[6] Köln lag bzw liegt unweit[7] des Bergischen Landes, welches zuvor schon bedeutende Klingen hervorgebracht hatte. Die von Reitzenstein aufgestellte These, dass die in Köln gehandelten Schwerter möglicherweise Solinger Fabrikate sein könnten, die unter anderem Namen in Köln gehandelt wurden, halte ich für berechtigt, da wie er selbst anführt, die in Solingen vorhandenen Mühlbäche und Wasserräder zur Betreibung von Hämmern in Köln keineswegs vorhanden gewesen seien. Rohstoff und Technologie waren also ausreichend im Bergischen Land vorhanden und nicht in Köln. Als Handels- und Umschlagsort für Schwertklingen war Köln jedoch aufgrund seiner Lage prädestiniert. Während Köln also als herausragende Handelsmetropole im Reich auch die hochwertigen Solinger Klingen vertrieb, erhielten die Solinger als Waffenschmiede Privilegien.[8] So wird etwa 1401 ein herzogliches Privileg für die Härter und Schleifer ausgestellt. Weiterhin nimmt der Herzog 1412 die Schwertfeger in seinen Schutz. Im Jahr 1474 bestätigt er den Schwertschmieden ihre alten Freiheiten.[9]

Das Bergische Land war wohl spätestens seit den Ulfberht-Klingen ein Garant für Qualität. Die Stadt Solingen war spätestens seit dem 12. Jahrhundert für seine Schwertklingen bekannt, wobei sie vor allem im späten Mittelalter zur bedeutendsten Schwertschmiede Europas aufstiegen.[10]

Es gab aber auch andere Gebiete im deutschsprachigen Raum die für ihre Klingen berühmt wurden. Die Schwertschmiedemarke der Passauer, der Passauer Wolf, lässt sich etwa bis ins 13. Jahrhundert zurückverfolgen und der Umstand, dass sich die Solinger ebenfalls des Wolfes bedienten, worüber sich die Passauer 1464 beschweren, zeigt eben diese Bedeutung der Stadt als weiteres bedeutendes Schwertschmiedezentrum auf. So hatten die Passauer Messerschmiede bereits 1290 von Bischof Wernhard einen Freiheitsbrief erhalten. Dieser bestätigt altes Herkommen und dies Annahme, dass dort wo qualitativ hohe Messerklingen hergestellt wurden, auch gute Schwerter produziert wurden, wird wohl kaum anfechtbar sein.[11] Es gilt zu bedenken dass das Passauer Gebiet einst zur römischen Provinz Noricum am Donaulimes Gehörte und das dort verhüttete Metall schon im römischen Reich den besten Ruf inne hatte.[12] So zeigt sich ebenfalls in Passau das Vorhandensein von Rohstoffen und Wasseradern zum Betrieb der Schmiedewerke. Auch Claude Gaier verweist auf die Konkurrenzfähigkeit von Klingen aus Passau in seinem Werk über Waffen aus dem mittelalterlichen Europa.[13]

Da es weitere Archivalische Quellen für Klingenproduktion in anderen Städten des Reiches gibt, die aber nie die Popularität der Klingen von Solingen oder Passau erlangten, wie etwa Lüneburg, Lübeck und Hamburg als Beispiele für den Niederdeutschen Raum, kann hiermit wohl meine zu Beginn diesen Kapitels aufgeworfene These unterstütz werden, dass in allen größeren Orten, aber vor allem Städten, eine Produktionsstelle für Klingen zu finden war.[14] Aber auch Claude Gaier legt diese Tendenz für die Beneluxstaaten, vor allem Belgien, dar.[15] Wichtigste Voraussetzung für die Entwicklung einer hochwertigen und konkurrenzfähigen Klingenindustrie war immer der Zugang zu Rohstoffen und die Nähe zu Flüssen zur Errichtung von Schmiedehämmern.

Im Reich wurden also vor allem Solingen (inklusive Köln) und Passau für ihre Klingen berühmt. Doch wurden Klingen von höchster Qualität auch außerhalb des Reiches produziert. So etwa wurden Klingen aus Toledo in Spanien und Brescia in Italien zu den Besten in ganz Europa gezählt.[16]

In vielen mittelalterlichen Quellen muss bei der Einschätzung von der Qualität der dort genannten Klingen ndurch den Verfasser natürlich der Subjektivität desselbigen bedacht werden. Um dieser Subjektivität aus dem Weg zu gehen und eine objektive Meinung von der Qualität der Klingen zu bekommen können wir uns eines weiteren Punktes bedienen, der "Markenpiraterie". Bereits die Ulfberht-Schwerter scheinen anhand von gefälschten Markenzeichen nachgeahmt worden zu sein. Ulfberht arbeitete wohl um das Jahr 850. Klingen mit einer verfälschten Form seiner Schmiedemarke lassen sich aber bis in das Hochmittelalter finden. Ähnlich verhält es sich auch mit den sogenannten Ingelri-Schwertern.[17] Dass die Solinger sich des Passauer Wolfes bedienten wurde weiter oben bereits beschrieben. Die Passauer hingegen bedienten sich auch des Solinger Zeichens, nachdem diese an Bedeutung gewonnen hatten. Beide wiederum bedienten sich auch oft spanischer Zeichen.[18] Dass dieser Sachverhalt eben vor allem für diese Zentren bekannt ist und sich alle gegenseitig auf diese Weise nachahmten, lässt den Schluss zu, dass keiner dem anderen an Qualität überragte. Vielmehr scheint es mir, als hätten sich Händler und Produzenten nach den subjektiven Wünschen der Käufer gerichtet, um somit einen größeren Kundenkreis bedienen zu können und mehr Gewinn zu erhalten.

Genaue Handelsrouten über Schwerter und Klingen als Handelsware sind bisher nur wenig bekannt. Im 14. Jahrhundert handelte Francesco Datini mit Mailänder Waffenerzeugnissen in Avignon. Er importierte überwiegend mailändische Rüstungserzeugnisse. Jedoch lassen sich unter seinen Waren auch Schwertklingen aus Deutschland finden.[19] Es ist also davon auszugehen das auch hier im Süden Frankreichs eine Nachfrage an deutschen Schwertklingen vorhanden war. Anhand der Fälschung von Markenzeichen lässt sich schlussfolgern, das sowohl deutsche, als auch spanische und italienische Klingen, mit der Ausweitung des Handels im hohen und späten Mittelalter über ganz Europa, aus den jeweiligen Zentren über den ganzen Kontinent, je nach Nachfrage, vertrieben wurden. Um genauere Schlüsse zuzulassen müsste eine tiefgreifendere Untersuchung in einem dafür angemessenen Rahmen erfolgen. Wenn ich mich aber nun den Rüstungserzeugnissen zuwende, deren Nachfragesituation sich ähnlich gestaltete, werden möglicherweise Parallelen offensichtlich die weiteren Schlüsse zulassen.

Produktions- und Handelszentren von Rüstwaren

Zentren der Produktion von Rüstungen lassen sich anhand der Überlieferten Archivalien, vor allem des späten Mittelalters, verfolgen. Aufgrund der geringen Überlieferungsdichte zu Waffenproduktionen- und Lieferungen vor dem späten Mittelalter soll in dieser Arbeit das Augenmerk mit Schwerpunkt auf Produktion und Handel von Erzeugnissen der Plattnerei gelegt werden. Doch lassen sich in vielen Statuten und Privilegien deutscher Städte des Mittelalters anhand des dort beschriebenen Handwerks auch Schlüsse auf Vorhandene Zentren schließen. Rüstungsschmiede, vor allem die sogenannten Sarworter oder Rincmechere (altdt. Bez. für Hersteller von Panzerhemden) gab es also genau wie Schwertschmiede überall dort wo sie gebraucht worden und wo die benötigten Voraussetzungen von Rohstoffen und Flüssen vorhanden waren. Doch gab es auch bei der Rüstungsherstellung große Zentren in Europa, die solche kleinen Schmieden bei weitem an Produktionsmenge und Qualität übertrafen.

Als der Rüstungshandel in Europa mit dem Ausbruch des 100-jährigen Krieges zwischen Frankreich und England im ausgehenden 13. Jahrhundert stieg, florierten die Waffenschmieden in Mailand und die Unternehmer in Nürnberg wollten an den Gewinnen Teil haben.[20] Mailand war im Mittelalter das wichtigste Zentrum für die Rüstungsproduktion.

Die italienische Stadt Brescia folgte gleich danach. Vor allem der Zugang beider Städte zu Eisen aus lokaler Produktion, zu großen Mengen Holzkohle aus den alpinen Wäldern und zu den schnellfließenden Flüssen begünstigten die Entwicklung der beiden Städte, hinsichtlich der vorhandenen Voraussetzungen, hier große Rüstungsbetriebe entstehen zu lassen. Die Produktionskapazitäten von Brescia und Mailand müssen immens gewesen sein, denn als 1427 der Herzog von Mailand bei den dort ansässigen Waffenschmieden 4000 Rüstungen für Kavallerie und 2000 Rüstungen für Fußsoldaten bestellte, konnten diese binnen weniger Tage liefern. Ein weiteres Beispiel für die kontinuierlichen Kapazitäten ist eine Lieferung an Heinrich VIII. König von England, der im Jahr 1523 5000 komplette Rüstungen in leichter Ausfertigung bestellte. Eine der größten Bestellungen erhielten die Mailänder aber 1478 von der Regierung von Venedig, die zur Ausstattung ihres stehenden Heeres 10.000 Brustharnische und 10.000 Helme mit Nackenschutz bestellte. Die Leistungen Mailands und Brescias in der Rüstungsproduktion waren dementsprechend gewaltig. Diese Massenproduktion wurde durch Arbeitsteilung ermöglicht. Die großen Waffenschmieden vergaben Aufträge an Werkstätten, welche nur einzelne Teile, wie etwa den Harnisch herstellten und ließen die fertigen Teile schließlich zusammenstellen.[21]

Aber auch in Deutschland entstanden große Rüstungsbetriebe in den Städten. Neben Augsburg, Landshut, Solingen Sulzbach und Braunschweig,[22] scheint Nürnberg als die bedeutendste deutsche Plattnerei des Mittelalters hervor zu stechen. Auch Solingen und Köln nahmen sofort nach der Entwicklung des Harnisches dessen Produktion in einfacher bis mittlerer Qualität für einfache Soldaten auf.[23] Es scheint jedoch als hätte nur Nürnberg mit der Qualität der Italiener mithalten können, da Nürnberger Rüstungen und Rüstungsteile, entgegen anderer deutscher Herstellung, sich in verhältnismäßig riesigen Zahlen in den Rüstkammern Europas erhalten haben. Auch Nürnberg war durch seine Lage an fließendem Wasser und in der Nähe des bedeutenden Eisenreviers der Oberpfalz schwer begünstigt. Die Plattner in Nürnberg mussten sich große Aufträge, ähnlich den Mailändern, ebenfalls teilen. Grund für diesen Sachverhalt war die Handwerksordnung der Stadt Nürnberg. Zum einen mussten die Plattner für jedes ihrer sogenannten 5 Meisterstücke der Rüstung eine Prüfung ablegen um diese produzieren zu dürfen. Weiterhin war in Nürnberg stets die Anzahl[24] der einem Betrieb angehörigen Gesellen und Lehrlinge festgelegt. Das älteste bekannte Plattnerhandwerk der Stadt, das anhand von Quellen nachweisbar scheint, ist das Handwerk der Haubenschmiede, welches bereits im 13. Jahrhundert in Nürnberger Quellen genannt wird.[25] Aber auch die Sarwörker, welche die Kettenhemden produzierten, spielten eine nicht geringe Rolle in Nürnberg. Einen Anhalt dafür bietet ein Kettenhemd im Rathaus von Luzern, welches auf der linken Seite ein Etikett mit der Aufschrift STAT NVRMBERG trägt, welches die behördliche Qualitätskontrollmarke der Stadt Nürnberg darstellen sollte.[26] Aber erst gegen Ende des 14. Jahrhunderts konnte sich Nürnberg allmählich an die Bedeutung Mailands annähern. Diese Annahme lässt sich anhand der Lieferungen und vor allem der Käufer ergründen. Denn im Jahr 1363 bestellte niemand geringeres als Kaiser Karl IV. 1816 komplette Harnische.[27] Für das späte Mittelalter bis in die Neuzeit lassen sich ganze Generationen von Meistern im Waffenschmiedehandwerk nachvollziehen.[28] Nürnberg stieg immer weiter zu einem der größten Rüstungslieferanten in Europa auf, vor allem im 15. und 16. Jahrhundert. Neben Mailand, Köln, Nürnberg, Landshut und Brescia, waren Tournai und Brügge die einzigen Standorte, an denen versucht wurde, einfache Rüstungen in großen Mengen zu produzieren. Doch litten beide am Mangel an Eisen aus der Umgebung sowie an schnell fließenden Wasserädern.[29] In den genannten Städten wurde die Plattnerei demzufolge, zumindest größtenteils, zur Massenfertigung für Großaufträge, deren Produktionszahlen keine anderen Städte erreichten.

Die Produktion von Einzelanfertigungen und Prunkharnischen fand jedoch nicht nur in den bereits genannten Städten, sondern auch in vielen kleineren Städten in ganz Europa und im Reich statt. In Mailand und Nürnberg, sowie in Brescia wurden sowohl Massenfertigung als auch Prunkharnische/Einzelanfertigungen hergestellt.[30] In deutschsprachigen Raum waren es vor allem Augsburg, Innsbruck und Landshut, die den Mailändern Konkurrenz machten. Augsburg und Landshut profitierten vor allem von der Teilung Bayerns zum Herzogtum Bayern-Landshut, wodurch diese den Hof als Hauptlieferanten bekamen. Aber auch die Herzöge von Sachsen und der ungarische König Matthias Corvinus waren Abnehmer ihrer Rüstungen. Auch die Bedeutung von Harnischen aus Mühlau/ Innsbruck ist nicht zu unterschätzen, wenn bedenk das sie nicht nur von den Tiroler Herzögen getragen wurden, sondern auch als Geschenke an entfernte Herrscherhäuser vergeben wurden, wie etwa Jakob III. von Schottland und wiederum König Matthias Corvinus. Brügge kam der Umstand zugute, dass Philipp der Gute gegen Ende der dreißiger Jahre des 15. Jahrhunderts seinen Hauptwohnsitz in die Niederlande verlegte. Denn von nun an wurden auch hier

Prunkharnische, vor allem für Philipp und seine Nachfolger gefertigt. In Tours war es ähnlich. Auch hier kam die Manufaktur von hochwertigen Harnischen mit der Niederlassung der französischen Könige im Loiretal in den dreißiger Jahren des 15. Jh.' s auf.[31]

Genaue Handelsrouten lassen sich auch für Rüstungserzeugnisse nicht nachvollziehen. Lediglich anhand der Auftraggeber können einzelne Handelsrouten aufgezeigt werden. Ein schönes Beispiel für den Handel Nürnbergs in osteuropäische Städte ist etwa die SulzbachNürnberger Plattenlieferung für Kaiser Karl IV. in den Jahren 1362/63. Für diese Lieferung sind uns zwei verschiedene Handelsrouten bekannt. Zum einen die Route:

Nürnberg-> Hersbruck-> Weiden-> Bärnau-> Tachau->Pilsen->Prag.

Zum anderen:

Nürnberg>Hersbruck->Weiden->Eger->Prag. [32]

Weiterhin ist bekannt, dass auch die Augsburger nach Ungarn an den Hof von König Matthias Corvinus lieferten.[33] Neben der Qualität waren die Faktoren Zeit und Entfernung in Kombination die wohl entscheidendsten für die Wahl des jeweiligen Produktionszentrums. So haben Kriegsführende Parteien je nach Möglichkeiten meist Rüstungen aus Zentren in ihrer Nähe bestellt. Die Venezianer etwa in Mailand, die Kaiser und deutschen Herzöge in Nürnberg, Köln, Augsburg, Landshut und oft auch an kleineren Zentren wie Braunschweig oder Lübeck. Der Handel mit Einzelanfertigungen lässt sich noch schwerer nachvollziehen, da es schwierig wird eine einzelne Ware in den Zollbüchern und Handelsregistern ausfindig zu machen, während eine Lieferung von 10000 Helmen einfacher aufzuspüren ist. Vor allem aber die Einzelanfertigungen, egal aus welcher Fabrikation, haben große Wege zu ihren Empfängern zurückgelegt. Etwa von Mailand nach London, von Augsburg nach Spanien, oder von Mühlau nach Ungarn. Großabnehmer für Massenharnische aus Deutschland wurden vor allem deutsche und osteuropäische Herrscherhäuser. Auch die Entfernungen der Großabnehmer von mailänder Rüstungserzeugnissen sind nicht größer als die der deutschen. Mailand belieferte vor allem italienische und französische Herrscherhäuser. Italienische und deutsche Produktionsmöglichkeiten dürften sich etwa die Waage halten. Der Großteil der italienischen Produktion scheint aus Mailand gestammt zu haben, während sich in Deutschland die Fertigung auf mehrere Zentren verteilte.[34]

Ein wichtiger Faktor sollte beim Bezug von Waffen im Mittelalter stets bedacht werden: Der Zeitfaktor. Im Mittelalter hatten die europäischen Herrscherhäuser keine stehenden Heere. Daher mussten im Falle von Fehde und Krieg Waffen für Söldner schnellstmöglich bezogen werden, um dem Gegner schnell und gut gerüstet entgegen zu treten. Damit werden sich auch die bereits genannten Handelsgebiete ergründen lassen.

Diese Handelsfaktoren werden sich auch auf den Handel mit Schwertklingen beziehen lassen. Bei großen Lieferungen werden auch hier die am nahe liegendsten Standorte genutzt worden sein. Der Export deutscher Klingen nach Frankreich macht diesem Sachverhalt keinen Abklang. Schaut man sich etwa die Entfernung von Solingen nach Paris und München an, so macht dies keinen relevanten Unterschied. Paris ist per Luftlinie sogar nähergelegen als München.

Es galten also dieselben Prinzipien wie heute: Zeit, Qualität und Preis.

Endnoten:

[1] Laible, Seite 147:" Es war bei Todesstrafe strengstens verboten, die hervorragenden fränkischen Schwertklingen an Normannen zu verkaufen." [2] Derselbe, Seite 154: Es wird davon ausgegangen das der Schmied Ulfbehrt um 850 arbeitete, da die ersten Klingen mit diesem Schriftzug

[3] Derselbe, Seite 75.

[4]Vergleiche dazu den Artikel "Markenpiraterie im Mittelalter" bei Spiegel-online: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,605490,00.html. Ob der Hochwertige Stahl, wie in diesem Artikel beschrieben, tatsächlich importiert wurde, oder aus dem bergischen Land selbst stammte bleibt ungewiss. [5] Vergleiche dazu Laible, Seite 147 und Freiherr von Ritzenstein, Seite 5. [6] Von Reitzenstein, Seite 6. [7] Die Entfernung über heutige Straßen beträgt etwa 38 Kilometer. [8] Von Reitzenstein, Seite 7. [9] Derselbe, Seite 7.; In der Bestätigung von 1474 steht an der Spitze das Statut, dass jeder Meister täglich vier Schwerter, jeder Messerschmied zehn Taschenmesser machen möge.( Von Reitzenstein, Seite 8)

[10] Spufford, Seite 193. [11] Von Reitzenstein, Seite 8ff. [12] Vergleiche Laible Seite 147 und Von Reitzenstein Seite 8. Laible nennt den Aufstieg der Passauer Klingenindustrie vor allem im 14. Jahrhundert und verweist auf die Bedeutung des Eisens in der ehemaligen römischen Provinz Noricum für die Entwicklung der Spatha. [13] Gaier, Claude: Armes et combats dans l'univers médiéval, Band 1, Seite 247. [14] Für weitere Informationen über das Handwerk der Klingenschmiede im Niederdeutschen Raum vergleiche die Arbeit von Dr. Konrad Ullmann: Das Werk der Waffenschmiede, eine Einführung, Essen 1962, oder seine Dissertation mit selbigem Inhalt: Harnisch und Waffe im Nordwestdeutsch-Hansischen Raum des 15. und 16. Jahrhunderts, Hamburg 1960. [15] Gaier, Claude: L'Industrie et le Commerce des Armes dans les Anciennes Principautés belges du XIII'me à la fin du XV'me si'ecle, Paris 1973.

[16] vergleiche Laible, Seite 147; Spufford, Seite 193; von Reitzenstein, Seite 19. [17] Laible, Seite 154. [18] Vergleiche dazu Laible, Seite 154 und Von Reitzenstein Seite 8ff. [19] Spuffort, Seite 97.

[20] Spuffort, Seite 97.

[21] Spuffort, Seite 194. [22] Spitzlberger, Seite 9ff. [23] Spuffort, Seite 193. [24] Matthias Pfaffenbichler: Nürnberger Plattnerkunst, Kaufmotivation und Kundenbindung: Seite 224. [25] Willers, Johannes, Seite 101. [26] Pfaffenbichler, Seite 224.

[27] Willers, Seite 102. [28] Für Beispiele vergleiche den Aufsatz: Wilhelm Georg NEUKAM, Eine Nürnberg-Sulzbacher Plattenlieferung für Karl IV. in den Jahre 1362/1363. Ein Beitrag zur Nürnberger Waffenfabrikation des 14. Jahrhunderts, in: MVGN 47, 1956, S. 124 [29] Spufford, Seite 199. [30] Spufford, Seite 199. [31] Sufford, Seite 199, ; An vielen dieser Standorte wurden Fachkräfte aus Mailand angeworben.

[32] Vergleiche den Aufsatz: Wilhelm Georg NEUKAM, Eine Nürnberg-Sulzbacher Plattenlieferung für Karl IV. in den Jahre 1362/1363. Ein Beitrag zur Nürnberger Waffenfabrikation des 14. Jahrhunderts, in: MVGN 47, 1956, S. 124ff. [33] Spufford, Seite 199. [34] Spufford, Seite 193-199.

Literaturverzeichnis

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Gaier, Claude: L'Industrie et le Commerce des Armes dans les Anciennes Princi-pautés belges du XIII'me à la fin du XV'me si'ecle, Paris 1973.

Gaier, Claude: Armes et combats dans l'univers médiéval, Band 1.

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Pfaffenbichler, Matthias: Nürnberger Plattnerkunst; Kaufmotivation und Kunden-bindung, in: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums (2002), Seite 224-230.

Schmidt, Herbert: Schwertkampf, Der Kampf mit dem langen Schwert nach der deutschen Schule, Wieland Verlag, 2007.

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Spitzelberger, Georg: Unvergängliche Harnischkunst, Beiträge zur historischen Waffenkunde, Kandshut 1985;

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Ullmann, Dr. Konrad: Das Werk der Waffenschmiede, eine Einführung, Essen 1962.

Ullmann, Dr. Konrad: Harnisch und Waffe im Nordwestdeutsch- Hansischen Raum des 15. und 16. Jahrhunderts, Hamburg 1960.

Willers, johannes: Nürnberger Harnische, in: Nürnberg 1300-1550, Kunst der Go-thik und Renaissance, München 1986, Seite 101-106.

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